Kontext
- Übung/Praktikum zur Vorlesung Mensch-Computer-Interaktion mit Fokus auf Erstellung interaktiver Systeme im menschzentrierten Gestaltungsprozess mit großen praktischen Anteilen und konkreter Empirie in Kleingruppenarbeit
- ca. 60 Teilnehmende in 14 Projektteams zu je ca. 4 Teilnehmenden
- heterogene Lerngruppe aus mehr als zehn verschiedenen Studiengängen (Informatik, E-Technik, Wirtschaftsinformatik, Psychologie, Human Factors, Medienkommunikation etc.)
- E-Learning mit Blended Learning als Mischung von asynchronen und synchronen Formaten (Selbstlerneinheiten und virtuelle Präsenzen), weitgehend im Flipped Ansatz (asynchrone Einheit geht virtueller Präsenz zur Auswertung/Vertiefung voraus)
Problem
In E-Learning-Situationen fehlen meist die Möglichkeiten für unmittelbares und niedrigschwelliges Feedback durch die Lernenden, wie sie in Präsenzlehre möglich sind. Zudem können die Reaktionen der Lehrenden auf erhaltenes Feedback unklar bleiben, weil auch diese Rücklaufkanäle schwieriger sind als in Präsenzlehre. Studierende können so ihr Feedback möglicherweise als unwirksam empfinden, was zu Frustration und Resignation bei den Lernenden führen kann.
Wirkkräfte
- Wegfall der Präsenzlehre und Ad-hoc-Umstellung auf E-Learning in der Corona-Pandemie
- Rahmenbedingungen des Lehrens und Lernens im E-Learning: Distanz zwischen Lehrenden und Lernenden, Kontaktreduzierung, fehlende Synchronizität
- Neuartigkeit des E-Learning-Charakters für beide Seiten woraus Unsicherheiten, ein erhöhter expliziter Feedback-Bedarf und Notwendigkeiten zur Nachjustierung der Lehre noch im Semesterverlauf resultieren.
- Die klassische summative Evaluation am Semesterende ist zu spät, um darauf noch angemessen reagieren zu können.
Lösung
Durch explizite (Doppel-) Schleifen aus wiederholt und wechselseitig ausgeführtem Einholen von Feedback und zeitnaher Reaktion mit transparenter Stellungnahme dazu, als Feedback zum Feedback, entsteht eine wertschätzende Feedback-Kultur.
Details der Lösung
Feedback einholen
Ausgangsvoraussetzung ist die Integration expliziter Bausteine zur Erfassung von Feedback in asynchrone und synchrone E-Learning-Formate. Dabei können die konkreten Ausformungen sehr unterschiedlich ausfallen – von schnellen kleinen Formaten bis zu detaillierten Fragebögen. Die folgenden Beispiele sind möglich.
Feedback einholen in asynchronen Formaten
- Eingangsbefragung vor der ersten Sitzung per Fragebogen-Tool; Erfassung von Herausforderung und Erwartungen, anonym mit Fragebogen-Tool
- einheitliche Basis-Fragebogen am Ende jeder asynchronen Lerneinheit zu Inhalt, Aufgaben, und allgemeinen Punkten, anonym mit Fragebogen-Tool
- fortlaufende Anpassung der Feedback-Fragen, je nach Bedarf und Aufgabenstellung/Arbeitsstand, z.B. zur Gruppenarbeit und zu Feedback-Möglichkeiten selbst
- Forum zur Lehrveranstaltung und Nutzung direkter Kontaktwege, z.B. per Kontaktformular oder E-Mail
Feedback einholen in synchronen Formaten
Die Übertragung bewährter einfacher und schneller analoger Feedbackmethoden in digitale Formate sowie elektronischer Ad-hoc-Voting-Systeme bietet sich an.
- z.B. „Zielscheibe“ für Target-Feedback zu vordefinierten kurzen Fragen in vordefinierter Schablone auf Online-Whiteboard im Mehrbenutzermodus
- z.B. „Blitzlicht“ im Text-Chat, zu einer offenen Leitfrage, wobei die Teilnehmenden ihre Nachricht erst auf Signal am Ende der vereinbarten Zeit gleichzeitig abschicken
Feedback zum Feedback geben
Ebenso wichtig wie das Einholen des Feedbacks ist das Reagieren darauf und Rückmeldung dazu, als Feedback zum Feedback. Dies signalisiert den Lernenden als Feedback-Gebenden die Wertschätzung ihres Feedbacks und macht konkrete Reaktionen auf das erhaltene Feedback transparent, z.B. welche Probleme identifiziert wurden und welche konkreten Änderungen es gab. Durch das wechselseitige und explizite Bezugnehmen entstehen geschlossene Feedback-Schleifen, auch zwischen synchronen und asynchronen Formaten. Daher sollten auch solche Elemente zur Transparentmachung explizit integriert und verwoben werden. Die folgenden Beispiele sind möglich.
Feedback zum Feedback in synchronen Formaten
Ergebnisse aus asynchronem Feedback, z.B. aus den Fragebögen, können in synchronen Formaten, z.B. in einer virtuellen Präsenzsitzung, explizit aufgegriffen und ausgewertet werden. Dies sollte ein fester Punkt der Agenda sein, z.B. verknüpft mit dem Rückblick auf die vorausgehende (asynchrone) Lerneinheit. Dabei kann kurz verbal oder auch unterstützt von Auswertungsfolien auf das eingeholte Feedback eingegangen werden.
Feedback zum Feedback in asynchronen Formaten
Ergebnisse aus synchronem Feedback können auch asynchron aufgegriffen werden.
z.B. in Form eines Blog-Beitrags zur Lehrveranstaltung in der Lernplattform
Im Dateianhang befindet sich ein konkretes Beispiel für eine Schleife aus Feedback holen und Feedback zum Feedback geben.
z.B. in Form eines Beitrags in einem Forum zur Lehrveranstaltung in der Lernplattform
Folgen (Vorteile, Nachteile)
Vorteile:
- Lehrende erhalten schnell, zeitig, niedrigschwellig und kontinuierlich Feedback und können darauf unmittelbar reagieren, was ein didaktisches Nachsteuern erlaubt, auch im E-Learning.
- Unsicherheiten lassen sich minimieren durch wechselseitiges Klarmachen von Herausforderungen und dem Eingehen darauf.
- Unterstützung einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung der eigenen Lehre hin zum Shift from Teaching to Learning durch permanente Weiterentwicklung der Lehre an die Bedürfnisse der Lernenden
- Schließen der Feedback-Schleife wird als Selbstwirksamkeit erlebt, d.h. die Lernenden erkennen, dass ihr Feedback ankommt und beachtet wird; Feedback-Geben wird als sinnvoll erachtet.
Nachteile:
- Reagieren auf Feedback ist nicht immer unmittelbar möglich oder angenehm: stellenweise können Aspekte aus dem Feedback nicht berücksichtigt werden bzw. sind konträre Positionen zu verteidigen (z.B. zu Umfang und Niveau von Aufgaben).
- zusätzlicher Zeitaufwand für beide Seiten (Studierenden und Lehrende)
- Ständiges Abfragen von Feedback kann zu Ermüden bzw. eine Sättigung führen, erkennbar an einer abnehmenden Kurve an Beteiligung über den Semesterverlauf.
- Jede weitere Iteration führt zu weniger neuen Einsichten.
- Andere Evaluationsformate (z.B. summative Lehrevaluationen oder zu Teaching Analysis Polls) werden redundant und als solche ggf. nicht mehr wahrgenommen.
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