Kontext
Beispielhaft sei hier auf ein Projekt „Community-based Service Learning in und mit digitalen Medien “Ein Flipped-Classroom-gestütztes Crowdfunding-Seminar für Sozialpädagog:innen an Fachhochschulen“ verwiesen (vgl. ausführlicher Arnold, 2019). Im Rahmen eines zweisemestrigen Vertiefungsmoduls „Finanzierung und Rechnungswesen“ (Themengebiet Sozialmanagement) in einem sozialpädagogischen Studiengang an einer sächsischen Hochschule haben Studierende mit Jugendlichen, Sozialarbeiter:innen, Vertreter:innen einer städtischen Bürgerinitiative und dem Stadtrat zusammengearbeitet. Die Studierenden hatten den Auftrag, zusammen mit Jugendlichen ein Crowdfunding-Konzept zu entwickeln, das letztere dazu in die Lage versetzt, eine entsprechende Kampagne für die Einrichtung eines Schülercafés selbständig durchzuführen. Zu den Lernzielen im Rahmen des Lehrprojekts gehörten u.a. der Erwerb digitaler Kompetenzen in Verbindung mit einer fachlich-inhaltlichen Wissensvertiefung im Bereich alternativer Finanzierungsformen im Management von Einrichtungen der Sozialen Arbeit einerseits und die Förderung des gesellschaftlichen Engagements der Studierenden andererseits. Kontakte zu den Mitarbeitenden aus der Praxis wurden durch ein laufendes Forschungsprojekt zur Stadtentwicklung der betreffenden Kommune hergestellt. Das Projekt hatte den in folgender Abb. 1 dargestellten Ablauf.
Problem
Mitunter fällt es Studierenden mit wenig bis kaum Berufserfahrungen schwer, die im Studium erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in die berufliche Anwendungspraxis zu transferieren bzw. fachlich begründet die Perspektiven von unterschiedlichen Stakeholdern und relevanten Institutionen im eigenen Handeln zu berücksichtigen.
Wirkkräfte
Im Rahmen der in der Regel verschulten Curricula von Bachelor- und Masterstudiengänge gibt es nur begrenzte Möglichkeiten, dass Studierende reale gesellschaftliche Problemstellungen bearbeiten, die eigenverantwortliche Steuerung ihres Lernprozesses übernehmen sowie an Entscheidungen über die Vorgehensweise und an der Generierung von Projektergebnissen partizipieren können. Die diesbezügliche Förderung praktischer Handlungskompetenzen, der Persönlichkeitsentwicklung und des gesellschaftlichen Engagements, unmittelbare Qualifikationsziele in den meisten Studiengängen, wird in der Hochschullehre aber nur unzureichend berücksichtigt.
Vor dem Hintergrund kontinuierlicher Veränderungen in der Berufspraxis und des lebenslangen Lernens sollten Studierende aber in der Lage sein, selbständig Wissensbedarfe zu analysieren und ihre Kompetenzen im Rahmen des fachübergreifenden Lernens weiterzuentwickeln. Gleichzeitig sollte im Studium das gesellschaftliche Engagement gestärkt sowie Möglichkeiten gegeben werden, unterschiedliche Themenfelder, die das Leben in einer pluralistischen und offenen Gesellschaft betreffen (z.B. Nachhaltigkeit, Diversität, bürgerschaftliches Engagement), zu reflektieren und mit formal und informell erworbenen Lehrinhalten zu verknüpfen.
Lösung
In Service Learning-Projekten arbeiten Studierende zusammen, sammeln praxisnahe Erfahrungen und wenden die im Studium angeeigneten Konzepte, Theorien und Methoden auf die Lösung und Bearbeitung von realen, für unterschiedliche Stakeholder und Institutionen relevante Problemstellungen an. Außerdem wird dadurch deren persönliches und soziales Engagement für und in der Gesellschaft unterstützt, der sog. „Third Mission“.
Details der Lösung
Für die Durchführung eines Service Learning-Projekts eignet sich der folgende (idealtypische) Ablauf (vgl. Altenschmidt & Miller, 2016, 45f.):
- Abschlussreflexion und Evaluation des Projekts sowie der individuellen Lernerfahrungen
- Finden einer geeigneten Projektidee und Herausfiltern der gesellschaftlich relevanten Themenstellung
- Klärung der Lernziele/-inhalte/-methoden, des Umfangs und der Prüfungsleistung seitens der Dozierenden und in Zusammenarbeit mit den einzubeziehenden Stakeholdern und Praxispartner:innen sowie Entwurf eines Seminarplans
- Einführung in das gewählte Themenfeld, die Vorgehensweise im Rahmen des Service Learnings, das Projektmanagement sowie Rollenklärung der Dozierenden
- Auftragsklärung zwischen Studierenden und Praxispartner:innen sowie Abstimmung der Teilprojekte/-aufgaben und Teambildung
- Iterative und agile Projektarbeit in Verbindung mit regelmäßiger Reflexion und Unterstützung durch Lehrenden und Praxispartner:innen im Umsetzungsprozess
- Abschlussveranstaltung (meist öffentlichkeitswirksam) Ergebnispräsentation
Folgen (Vorteile, Nachteile)
Vorteile:
- Theorien, Modelle und Methoden werden auf reale Problemstellungen angewendet.
- Neben dem Erwerb berufspraktischer Kompetenzen werden gezielt das soziale Engagement sowie die Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden gefördert.
- Darüber hinaus entwickeln Studierende u.a. ihre Team-, Kollaborations- und Kommunikationsfähigkeiten in der Zusammenarbeit mit anderen Studierenden und auch mit externen Stakeholdern sowie Projektmanagementkompetenzen.
- Es findet eine strukturierte und angeleitete Reflexion von Lernerfahrungen statt.
- Die eigenverantwortliche Steuerung des Lernprozesses wird gefördert.
Nachteile:
- Lehrende müssen konsequent einen Wechsel ihrer Lehrrolle durchführen: stärkere Berücksichtigung von Mentoring, Coaching und Lernbegleitung anstatt instruktionsorientierter Lehre.
- Eine ernstzunehmende Herausforderung stellt die Auftragsklärung zwischen Lehrenden, Studierenden und Praxispartner:innen dar.
- Einige Studierende könnten mit dem eigenverantwortlichen Lernen in den häufig „verschulten“ Studiengängen überfordert sein und benötigen gezielte Unterstützung durch Lehrende.
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