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Kompetenzförderung des wissenschaftlichen Arbeitens in den Ingenieurwissenschaften durch forschendes Lernen

Abstract

Wissenschaftliches Arbeiten ist eine Kernkompetenz eines ingenieurwissenschaftlichen Studiums und erfordert eine Kombination von forschendem und problemorientiertem Lernen. Dieses Pattern beschreibt, wie anhand eines Fallbeispiels aus der Praxis, wissenschaftliche Arbeitsmethoden durch forschendes Lernen erlernt werden können. Zur Unterstützung wird eine Blended-Learning-Umgebung geschaffen, die als Lern- und Forschungswerkstatt dient. Da forschendes und problemorientiertes Lernen miteinander eng verknüpft sind, wurde das Fallbeispiel so gewählt, dass vollständige Arbeitsabläufe erlernt werden.

Blended LearningFachkompetenzenForschen lernenKritisches DenkenPraxis/Berufsbezug
Pattern

Kontext

Die Lösung eignet sich für ingenieurwissenschaftliche Projektseminare.
Das Fallbeispiel wurde im Masterstudiengang Elektrotechnik an der Hochschule Magdeburg-Stendal erprobt und evaluiert. Die Lösung ist hinsichtlich des Kompetenzniveaus für Masterstudiengänge vorgesehen. Für die computergestützen Simulationen muss eine geeignete Blended-Learning-Umgebung vorhanden sein, in der komplizierte und abstrakte Zusammenhänge visualisiert und vollständige Arbeitsabläufe erprobt werden können. Aufgrund des hohen Einarbeitungsaufwandes in die Blended-Learning-Umgebung beansprucht das Pattern zwei Semester. Grundlegende Kenntnisse im wissenschaftlichen Arbeiten bzw. in der Laborarbeit sollten vorhanden sein, ebenso Grundkenntnisse der englischen Fachsprache.

Problem

Die Lehre an Hochschulen für angewandte Wissenschaften ist geprägt durch einen engen Praxisbezug. Dieser wird u.a. durch interdisziplinäre Projekte gefördert. Die Abschlusspräsentationen solcher Projekte zeigen jedoch, dass die Ergebnisse nicht dem erforderlichen Qualitätsanspruch genügen, da wichtige Schlüsselkompetenzen wie Abstraktions- und Beurteilungsvermögen nicht in gewünschtem Maße entwickelt wurden.

Wirkkräfte

  1. unzureichende Analyse des aktuellen Standes der Technik:
    Es existiert ein breites Spektrum an Publikationen, welche technische Entwicklungen in verschiedenen Fachrichtungen beschreiben, größtenteils in englischsprachiger Literatur. Für ein spezifisches Problem muss in den wissenschaftlichen Datenbanken nach den richtigen Publikationen gezielt gesucht werden.
  2. hohe Einstiegshürde in kommerzielle Simulationsprogramme sowie schwierige Ergebnisinterpretation:
    Simulationsprogramme, die Teil des wissenschaftlichen Lösungsprozesses sind, sind in der Regel vom Funktionsumfang sehr mächtig. Die verschiedenen Einstelloptionen erschweren oft deren Verwendung. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ergebnisse der Simulationen in Kontext der Simulationsaufgabe gesetzt werden müssen.
  3. hohes Abstraktionsniveau sowie hohe Problemlösungskompetenz:
    Wissenschaftliches Arbeiten im ingenieurwissenschaftlichen Bereich erfordert ein sehr strukturelles Vorgehen bei der Entwicklung von Lösungsstrategien. Die Vor- und Nachteile einzelner Lösungen sind gegeneinander sorgfältig abzuwägen, da eine Verbesserung an der einen Stelle oft eine Verschlechterung an einer anderen Stelle mit sich bringt. Hinzu kommt, dass auch zeitliche und wirtschaftliche Vorgaben die Anzahl der Lösungen einschränken.
  4. prägnante Darstellung wissenschaftlicher Ergebnisse:
    Wissenschaftliche Abhandlungen, z. B. in Form von Publikationen, sind geprägt durch eine kurze prägnante Darstellung der technischen Lösung. Dies wird u.a. durch korrekte Verwendung von Fachtermini erreicht. Besonders Studierenden und Berufseinsteigern fällt dieser Abstraktionsgrad schwer, da sie Sachverhalte eher mit eigenen Worten umschreiben.

Lösung

Eine Lehrveranstaltung über zwei Semester ermöglicht Studierenden wissenschaftliches Arbeiten an einem Fallbeispiel zu erlernen, indem sie alle Forschungsschritte von der Identifikation einer Forschungsfrage bis zur Diskussion der Forschungsergebnisse durchlaufen. Wesentlicher Bestandteil ist die Schaffung einer Blended-Learning-Arbeitsumgebung, in der Studierende ein Simulationstool zur Problemlösung kennenlernen und nutzen.

Details der Lösung

Im Mittelpunkt der Lehrveranstaltung steht eine typische Aufgabe aus der Praxis (Fallbeispiel). Die wissenschaftliche Aufgabenstellung muss dabei alle in der Praxis und in der Forschung notwendigen Schritte von der Problemanalyse über Lösungsstrategien bis hin zum fertigen Endresultat beinhalten, um den Praxisbezug zu erhöhen.

Die Studierenden müssen in Kleingruppen (2-3 Studierende) existierende Lösungsansätze adaptieren, verbessern oder gar neue Lösungen suchen. Obwohl eine Zielstellung durch die Aufgabe bereits vorgegeben ist, müssen sie im Gegensatz zum rein problemorientierten Lernen den Forschungsgegenstand selbst finden, d.h. sie müssen selbst herausfinden, an welcher „Stellschraube“ gedreht werden muss, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Das Fallbeispiel aus der Praxis thematisiert die Simulation und den Aufbau einer Antenne. Als Anregung werden zusätzlich thematisch passende wissenschaftliche Veröffentlichungen ausgeteilt. Die detaillierte Aufgabenstellung und der zeitliche Ablauf sind im Abschnitt „Weiterführende Informationen“ zu finden. Um abstrakte Zusammenhänge besser vermitteln zu können, wurde eine Blended-Learning-Umgebung geschaffen. In dieser können komplizierte physikalische Vorgänge mit einem Simulationsprogramm visualisiert werden. Da einerseits moderne Simulationsprogramme durch ihre Komplexität für Studierende nicht sofort intuitiv zu bedienen sind, wurde im Vorfeld ein Tutorial entwickelt, welches in einer Schritt-für-Schritt-Anleitung anhand von Beispielen erläutert. Daraus wird eine Forschungs-/ Lernwerkstätte aufgebaut, in der die Studierenden ihre eigenen Ideen umsetzen und die sich ergebenden Resultate anhand einer Simulation sofort bewerten und solange nachbessern können, bis die geforderten Spezifikationen erreicht sind. Während der Bearbeitung des Fallbeispiels muss stets auf eine ausreichende Fremdsteuerung der Lernprozesse durch den Lehrenden geachtet werden, um die Entwicklungsziele des Forschungsprojektes nicht zu gefährden.

Das Praxisprojekt endet mit einem mündlichen und schriftlichen Teil. Der mündliche Teil beinhaltet ein wissenschaftliches Kolloquium, welches wie bei Bachelor- und Masterarbeiten oder auf wissenschaftlichen Konferenzen üblich, im Kontext einer Verteidigung zu verstehen ist. Sie müssen dabei die eigene Vorgehensweise rechtfertigen, aber auch alternative Lösungswege evaluieren. Der schriftliche Teil umfasst einen wissenschaftlichen Aufsatz, der an eine wissenschaftliche Veröffentlichung angelehnt ist. Die Studierenden lernen durch die im Vorfeld gelesenen Veröffentlichungen, wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse in kurzer knapper Form schriftlich festzuhalten.

Folgen (Vorteile, Nachteile)

Die Vor- und Nachteile sind gemäß den 4 Kräften des Patterns wie folgt sortiert:

Vorteile:

  • Zu Kraft 1:
    • gezielte Suche nach spezifischen Informationen wissenschaftlichen Publikationen
    • Kennenlernen von Fachbegriffen in englischer Sprache
  • Zu Kraft 2:
    • Kennenlernen kommerzieller Simulationsprogramme anhand von Beispielen
    • Kritisches Hinterfragen von Simulationsergebnissen und publizierten Ergebnissen
    • Entwicklungen eigener Verbesserungsvorschläge anhand von Simulationsergebnissen
    • Blended-Learning-Umgebung unterstützt Studierende bei der Überwindung der hohen Einstiegshürde von kommerziellen Simulationstools
    • Stärkung des Theorie-Praxistransfers durch Verknüpfung von digitalen Tutorials, computergestützten Simulationen und praktischem Aufbau
  • Zu Kraft 3:
    • Lernen des strukturierten Problemdefinierens mit anschließender Abstrahierung zur Entwicklung von Lösungsstrategien
    • Kennenlernen vollständiger Arbeitsabläufe bei der Entwicklung technischer Lösungen
    • Förderung des interdisziplinären Denkens
    • Einhaltung von Zeit- und Kostenvorgaben
  • Zu Kraft 4:
    • Erlangung von Kenntnissen zum Schreiben einer wissenschaftlichen Publikation
    • Vorbereitung auf das wissenschaftliche Kolloquium einer Masterarbeit

Nachteile:

  • Zu Kraft 1:
    • fehlender Open Access: gezielte Suche in Publikationen unter Umständen schwierig
  • Zu Kraft 2:
    • sinkende Frustrationsschwelle bei negativen Simulationsergebnissen
  • Zu Kraft 3:
    • Risiko eines mangelhaften Zeitmanagements der Studierenden (bspw. durch unkoordinierte Fehlersuche oder unterschätzten Zeitaufwand)
  • Zu Kraft 4:
    • englisches Sprachniveau entscheidet zu einem erheblichen Teil über die Qualität der Ergebnispräsentation

Metadaten
Kontext - Hochschultypus...
  • Fachhochschule
Kontext - Disziplin...
  • Ingenieurwissenschaften
Kontext - Zielgruppe...
  • Studierende - Master
Kontext - Aktionsradius...
  • Keine Werte definiert
Kontext - Zeitrahmen...
  • Keine Werte definiert
Kontext - Gruppengröße...
  • Keine Werte definiert
Lösung - Format...
  • Projekt
Lösung - Primäre Förderung...
  • Produktive Aktivitäten (eigener Inhalte)
Lösung - Grad der Virtualisierung...
  • Integration (bspw. hybrides Lehrformat)
Lösung - Synchronizität...
  • Keine Werte definiert

Metadaten aus dem alten Patternpool bis 2024

Problemtyp...
  • Bestehendes bzw. strukturelles Problem
Kräfte...
  • Keine Werte definiert
Lösung - Gegenstand...
  • Methodische Lernkompetenzen/ unterstützen, sich Inhalte anzueignen (...)
Lösung - Forschungsbezug...
  • Forschung als Ziel
Literatur
  1. Haertel, T., Terkowski, C., May, D, Pleul, C. (2013). Entwicklung von Remote-Labs zum erfahrungsbasierten Lernen, Zeitschrift für Hochschulentwicklung Jg.8 / Nr. 1
  2. Herrington, J., Oliver, R. (2000). An instructional design framework for authentic learning environments. Educational Technology Research and Development, 48(3)
  3. Huber L., Hellmer, J., Schneider, F. (2009). Forschendes Lernen im Studium. Universitätsverlag Webler
  4. Tremp, P. (2015), Forschungsorientierung und Berufsbezug im Studium, Bertelsmann-Verlag
Medien

Links

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Downloads

Beispiele

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Zitiervorschlag

Hantscher, Sebastian, Prof. Dr. techn. (2024): Kompetenzförderung des wissenschaftlichen Arbeitens in den Ingenieurwissenschaften durch forschendes Lernen

Lizenz

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Gefördert von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre

Dieses Projekt wird aus Mitteln der Stiftung Innovation in der Hochschullehre, Treuhandstiftg. in Trägerschaft der Toepfer Stiftung gGmbH, unter dem Förderkennz. FoP-054/2023 gefördert.

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